Politik/Gesellschaft —   20min / Publiziert am Montag, 28. August 2023

Hans (89) lebt glücklich in WG, dann schlägt Ausgleichskasse zu


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Blick in eine Alterswohnung im Alterssitz Neuhaus Aaretal in Münsingen BE

Originalbeitrag aus 20min.ch

Hans Mäder, 89 Jahre alt und verwitwet, lebt seit fast zwei Jahren im Alterssitz Neuhaus Aaretal in Münsingen BE. Für 1200 Franken im Monat lebt er in einem kleinen Studio mit Kochnische, das an das Pflegeheim angeschlossen ist. Eigentlich fühlt er sich dort richtig wohl, wie er gegenüber SRF erzählt. Getrübt wird seine Stimmung jedoch durch die Tatsache, dass die Ausgleichskasse des Kantons Bern ihm die Beiträge an seine Alterswohnung von einem auf den anderen Monat gekürzt hat – mit einschneidenden Folgen. 

 

Der 89-Jährige arbeitete mehrere Jahrzehnte als Mechaniker und Chauffeur, trotzdem reicht seine AHV-Rente nicht aus und er ist auf Ergänzungsleistungen (EL) angewiesen. Dass diese ihm nun gekürzt werden, begründet die Ausgleichskasse damit, dass es sich bei seiner Wohnung um eine Wohngemeinschaft (WG) handle. Das geht auch aus einem Werbevideo auf der Webseite der Altersresidenz so hervor. «Wir sind eine kleine, familiäre Wohngemeinschaft. Wir organisieren uns selbst», sagt eine der Bewohnerinnen darin. 

Unverständnis von vielen Seiten

Weil für WGs laut Gesetz tiefere EL-Beiträge gelten, erhält Hans Mäder nun mehrere Hundert Franken weniger Geld pro Monat. Einen Ermessensspielraum gebe es nicht, wird die Ausgleichskasse vom SRF zitiert. Als Folge springen nun die Töchter des Seniors ein. «Das ‹plaget mi gruusig›. Es fühlt sich so an, als ob wir Alten jetzt einfach sterben sollten», sagt Mäder. 

Der 89-Jährige muss nun ausziehen, «ich will doch nicht, dass meine Töchter mir Geld geben müssen», sagt er. Auch eine seiner Töchter äussert Unverständnis, «bisher hat die Ausgleichskasse immer bezahlt». Erst im Sommer sei eine angepasste Verfügung eingetroffen. 

Kein Einzelfall
«Der Fall von Hans Mäder ist kein Einzelfall», erklärt Heimleiterin Marie-Louise Jordi. Einem weiteren Bewohner seien die Leistungen gekürzt worden. Auch Marcel Schenk, Geschäftsleiter von Pro Senectute Kanton Bern, bestätigt gegenüber SRF, dass sie sehr viele Anfragen erhielten. «Es kann nicht sein, dass sich nur Reiche diese Wohnform leisten können», sagt Schenk. Es müssten nun rasch gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, damit eine Finanzierung von Alters-WGs möglich wird.

Noch will Hans Mäder aber nicht aufgeben. Zusammen mit seinen Töchtern will er eine Anwältin oder einen Anwalt einschalten, um wieder höhere Beiträge zu erhalten, damit er doch in seinem Studio bleiben kann.  




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