Politik/Gesellschaft —   Gabriela Medici / Publiziert am Freitag, 1. September 2023

Ab heute keine Rente mehr für die Frauen


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Frauen und Männer arbeiten insgesamt zwar etwa gleich viel. Aber sie übernehmen nicht die gleichen Aufgaben. Frauen arbeiten öfter Teilzeit und arbeiten in Branchen mit tiefen Löhnen. Zu tiefe Löhne führen zu noch tieferen Renten. Sowohl im Beruf als auch im Privaten übernehmen Frauen den Grossteil der Betreuungs- und Sorge­arbeit. Sie kümmern sich um Kinder, sie kümmern sich um kranke oder ältere Ange­hörige, sie kümmern sich um den reibungslosen Ablauf und die Verpflegung oder das Wohlbefinden ihrer Vorgesetzten.

Besonders deutlich wird diese Rollenteilung in der Gesellschaft nach der Gründung einer Familie: bei Paaren mit Kindern leisten die Frauen fast zwei Drittel mehr unbe­zahlte Haus- und Familienarbeit wie ihr Partner. Diese Arbeit wird nur in der AHV anerkannt. Denn die unbezahlte Betreuungs- und Erziehungsarbeit der Frauen führt in der AHV zu höheren Renten. Ein Kind grossziehen erhöht die AHV-Rente um bis zu 350 Franken pro Monat. Deshalb sind die AHV-Renten von Frauen und Männern fast gleich hoch. Die Rente in der Pensionskasse ist hingegen untrennbar mit der Aus­übung einer Erwerbstätigkeit und dem dabei verdienten Lohn verknüpft. Anders als in der AHV gibt es keinen Mechanismus, der Erziehungs- und Betreuungsarbeit aner­kennt.

Teuerung frisst ohnehin schon tiefe Monatsrente
Die Mehrheit der Frauen hat heute Renten weit unter 3’000 Franken pro Monat. Und damit nicht genug: Vor einem Jahr hat man den Frauen versprochen, dass mit der Erhöhung des Rentenalters endlich auch ihre Renten steigen sollen. Jetzt zeigt sich das Gegenteil: Statt die Rentenlücke der Frauen endlich zu beseitigen, sind bereits weitere Verschlechterungen und Kürzungen z. B. bei den Witwenrenten geplant. Da­bei müssen heute schon über 11 Prozent der Frauen bei der Pensionierung direkt Ergänzungsleistungen beantragen. Altersarmut ist weiblich und nimmt mit steigen­dem Alter noch zu.

Nun kommen die Teuerung, die steigenden Mieten und die höheren Krankenkassen­prämien hinzu – und die ohnehin schon tiefen Renten reichen für noch weniger. Denn die Pensionskassenrenten kennen keinen Teuerungsausgleich. Und auch bei der AHV wird die Teuerung erst 2025 wieder ausglichen. Resultat: in vielen RentnerInnen-Haushalten wird die Kaufkrafteinbusse von 2021 bis 2024 so gross sein, dass sie rund eine Monatsrente weniger zur Verfügung haben.

Eine Chance, die prekäre Rentensituation der Frauen rasch aufzubessern ist die 13. AHV-Rente, über die im Frühjahr 2023 abgestimmt wird. Sie bedeutet durchschnitt­lich eine Rentenverbesserung von rund 150 Franken pro Monat, und zwar für alle heutigen wie zukünftigen Rentnerinnen. Weil die Initiative am System der Erziehungs- und Betreuungsgutschriften anknüpft, stärkt sie die Berücksichtigung der unbezahl­ten Arbeit in der Altersvorsorge – und dies, ohne die Kosten für Frauen mit tiefen Einkommen unnötig in die Höhe zu treiben. Dies wird möglich, weil sich Personen mit sehr hohen Einkommen direkt an der dringend benötigten Rentenver­besserung betei­ligen. Denn die Topverdienenden zahlen auf ihren Millionensalären voll in die AHV ein. 

Die Stärkung der AHV an der Urne wird umso wichtiger, weil der Bundesrat in die entgegengesetzte Richtung geht. Neben den geplanten Sparmassnahmen bei der Wit­wenrente, hat der Bundesrat diesen Mittwoch beschlossen, die Rentenzuschläge für die am stärksten von der Rentenaltererhöhung betroffenen Frauen nicht einmal an die Teuerung anpassen – obwohl dies bei der AHV sonst überall gilt.

Gleichzeitig benutzen viele Pensionskassen die Erhöhung des Rentenalters, um die Leistungen der Frauen bei den Überbrückungsrenten zu verschlechtern. Und mit der BVG-Reform kommt die nächste grosse Abbauvorlage bereits 2024 zur Abstimmung. Auch sie zahlt sich für die Frauen nicht aus. Schlimmer noch: Für viele Frauen führt diese BVG-Revision sogar zu tieferen Renten, obwohl ihnen mehr vom Lohn abgezo­gen werden soll.




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