Sport im Alter ist vielseitig und im Trend
Mit Dr. Markus Lamprecht , Autor der Studie «Sport Schweiz 2020», sprach Tatjana Kistler, Pro Senectute Schweiz
Warum boomt der Seniorinnen- und Seniorensport?
Die Schweizer Bevölkerung im Alter von über 65 Jahren ist in den letzten 20 Jahren tatsächlich deutlich sportÂlicher geworden. Dies hat zum einen damit zu tun, dass heute viel mehr Leute bis ins hohe Alter weitgehend beschwerdefrei und unternehmungslustig sind. Es hat aber vor allem auch mit Veränderungen im Sport selber zu tun. Die Schweizer Sportlandschaft ist in den letzten Jahren viel bunter und vielfältiger geworden. Es gibt zahllose Sportangebote, welche die unterschiedlichsten Bedürfnisse abdecken. Gleichzeitig hat sich auch das Sportverständnis verändert. Der Sport ist heute weniger auf Wettkampf und Leistung fixiert und mehr auf Gesundheit, Körpergefühl, Fitness, Entspannung oder Naturerlebnis ausgerichtet. Der Sportbegriff ist dabei umfassender und breiter geworden. BewegungsaktiviÂtäten wie Wandern oder Yoga werden heute selbstÂverständlich zum Sport gezählt.
Sind Seniorinnen und Senioren im Vergleich zu den anderen Altersgruppen ebenfalls polysportiv?
Die breite Palette an verschiedenen Sportformen kommt älteren Personen sehr entgegen und wird auch sehr geschätzt. Man betreibt verschiedene Sportarten und nutzt unterschiedliche Angebote nebeneinander. SeniorÂinnen und Senioren sind sicher polysportiver als früher, aber dennoch weniger polysportiv als jüngere Personen. Insbesondere typische Wettkampf und Teamsportarten werden im Alter weniger ausgeübt. Wandern wird im Alter zur klaren Sportart Nummer 1, vor Velofahren und Schwimmen. Beliebt sind aber auch Turnen, Skifahren, Fitness training, Yoga, Tanzen, Walking, Krafttraining oder Skilanglauf. Von den Spielsportarten wird noch am häufigsten Tennis gespielt. In der Regel werden etwa drei Sportarten neben einander ausgeübt.
Sind ältere Menschen in einem Verein oder Fitnessclub aktiv?
Die Mitgliedschaft in einem Sportverein geht im Alter leicht, die Mitgliedschaft in einem Fitnesscenter deutlicher zurück. Immer hin ein Fünftel der Seniorinnen und Senioren sind noch Mitglied in einem Sportverein. Viele Seniorinnen und Senioren engagieren sich auch freiwillig, indem sie eine Aufgabe oder ein Amt im Verein übernehmen. Wir konnten beobachten, dass das freiwillige Engagement nach der Pensionierung sogar ansteigt.
Welcher «Bewegungstyp» kann mit einer bewegungsfreundlichen Infrastruktur angesprochen werden?
An erster Stelle steht hier sicher die körperlich aktive Mobilität, also die Fortbewegung zu Fuss oder mit dem Velo. VorausÂsetzung für die Nutzung sind attraktive und sichere Wege, wobei es mit Blick auf Personen mit körperlichen Einschränkungen auch darum geht, Hindernisse wie hohe Randsteine oder Treppen abzubauen. Daneben gibt es Massnahmen für gemeinsames Spiel – zum Beispiel den Bau von inter generationellen Spielplätzen oder die Einrichtung von Boccia An lagen – und das Fitnesstraining durch das Aufstellen von OutdoorÂfitnessgeräten.
Welche Wirkung hat die bewegungsfreundliche Gestaltung der Umgebung auf die Aktivität?
Die bewegungsfreundliche Gestaltung des Wohnumfelds ist für die ältere Bevölkerung ein grosses Anliegen, weil sie eher kleinÂräumiger unterwegs ist als jüngere Menschen. Während die Bewegungsmöglichkeiten in der Nähe an Bedeutung gewinnen, werden für ältere Menschen die klassischen Sportanlagen etwas weniger wichtig. Die meisten Wanderungen und VeloausÂfahrten finden übrigens in der näheren Wohnumgebung statt.
Inwiefern sind die Kantone und Gemeinden gefordert, dies-bezüglich mehr zu machen?
Die Unterstützung von zugänglichen Bewegungs- und Sportmöglichkeiten im näheren Wohnumfeld ist für die Seniorinnen und Senioren nicht nur sehr wichtig, sie geben den vorhandenen Möglichkeiten auch gute Noten. Es wird also schon einiges gemacht, nicht zuletzt mit Blick etwa auf das grosse Wanderwegnetz. Verbesserungen beim beÂwegungsfreundlichen Wohnumfeld sind aber immer mögÂlich und auch sehr willkommen. Verschiedene Kantone – so etwa Graubünden oder Luzern – verfügen dabei bereits über Unterstützungsangebote für Gemeinden, die sich für die Bewegungsfreundlichkeit interessieren.
Welche Aspekte des Bewegens im Alter würden Sie künftig gerne erheben respektive bei welchen Punkten wünschen Sie sich weiterführende Erkenntnisse?
Bei allen erwähnten Punkten zum Sportverhalten von älteÂren Personen gilt es zu berücksichtigen, dass Senior innen und Senioren eine äusserst heterogene Gruppe darstellen. Es gibt grosse Unterschiede je nach Alter oder auch Gesundheitszustand. Es gibt aber auch beträchtliche soziale Unterschiede: Je nach Bildung, Einkommen, Nationalität oder Wohnort stellt sich die Situation anders dar. Hier brauchen wir noch detailliertes Wissen auch mit Blick auf Unterstützungsbedarf und Unterstützungsmöglichkeiten.
Was trägt Pro Senectute mit ihren Bewegungsangeboten zu den aktuellen Studienresultaten bei?
Pro Senectute ist in der Schweiz wohl die wichtigste AnÂbieterin von Seniorensportangeboten. Wenn man sich die Angebote anschaut, so decken sie die Vielfalt der SportÂpräferenzen der älteren Menschen sehr gut ab, reichen sie doch von Walking, Wandern und Velofahren über FitnessÂtraining und Aquafitness bis hin zu Tanz, Pilates und Yoga. Nicht zu unterschätzen sind überdies die Angebote, die sich an Personen richten, die bereits unter körperlichen BeeinÂträchtigungen leiden – zu denken ist hier etwa an die Angebote in Pflegeeinrichtungen oder DomiGym. Pro SenecÂtute nimmt die Interessen der Bevölkerung, wie sie aus unÂseren Studien hervorgehen, bei der Entwicklung der Angebote auf, verstärkt mit ihrem Erfolg dann aber die Trends und leistet einen Beitrag zum Aufschwung des Seniorensports, den wir messen können.
Was macht die Bewegungsangebote von Pro Senectute für die ältere Bevölkerung attraktiv?
Fast jeder ältere Mensch findet etwas, was ihm gefällt. Weiter ist es wichtig, dass man sich gemeinsam mit Menschen in einem ähnlichen Alter, einer ähnlichen Lebens Situation und mit einem vergleichbaren LeistungsÂniveau bewegen und neue Kontakte knüpfen kann. Das heisst: Es handelt sich eben nicht um Leistungssport, sondern um Angebote, die sehr gut an die Bedürfnisse der Teilnehmenden angepasst sind.
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